Das Niedersächsische Wattenmeer

54,5 % Wasser, 40 % Watt und nur 5,5 % Landfläche: Das ist eine Kurzformel, die den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer auf ganz eindrucksvolle Weise beschreibt. Denn dabei wird deutlich, wie groß das Herrschaftsgebiet der Natur ist, und wie klein die Landfläche und damit der Lebensraum des Menschen eigentlich sind. Trotzdem haben die menschlichen Eingriffe in Naturlandschaften seit Jahrzehnten deutlich spürbare Folgen. Deshalb war auch der Schutz der Natur ein wesentlicher Grundgedanke für die Gründung dieses Nationalparks – Natur Natur sein lassen. Der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer wurde 1986 ins Leben gerufen und umschließt die Ostfriesischen Inseln, Watten und Seemarschen zwischen Dollart an der Grenze zu den Niederlanden und Cuxhaven bis zur Außenelbe-Fahrrinne im Osten. Er hat eine aktuelle Größe von 345.800 Hektar. Die Nationalparkverwaltung ist in Wilhelmshaven zu finden. Seit Juni 2009 gehören die Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer sowie Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer zum Unesco-Weltnaturerbe. Watt, Priele und Rinnen, Meeresgebiete, Sandbänke, Strände, Salzwiesen und Dünen – das sind die wesentlichen Erkennungszeichen dieser besonderen Landschaft an der Nordsee. Ihre Küste ist dabei ungewöhnlich flach, der Meeresboden hat ein Gefälle von nur wenigen Zentimetern pro Kilometer Strecke. Zweimal täglich bewegen Ebbe und Flut unzählige Mengen an Sand, Ton und Schluff im Gebiet des Wattenmeeres. Gleich nach dem Tropischen Regenwald gilt das Wattenmeer übrigens als zweitproduktivstes Ökosystem weltweit. Hier tummeln sich – mal sichtbar, mal für das Auge verborgen – Kieselalgen, Schnecken, Würmer, Muscheln, Garnelen und besonders der ganz typische Wattwurm, der in kleinen Röhren unterhalb der Wattoberfläche lebt.

Fauna im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer

Insgesamt haben sich bis zu 4.000 Tier- und Pflanzenarten auf den nahrungsreichen Lebensraum Wattenmeer spezialisiert. So ernähren sich beispielsweise Brandgänse von den Wattschnecken, die zu Hunderttausenden auf der Wattoberfläche leben. Die ca. 180.000 Exemplare umfassende Brandgans-Population ist von Juli bis September an der Nordsee zu finden, wenn die Mauser eingesetzt hat.

Die Zwergseeschwalbe

Die Zwergseeschwalbe (Sterna albifrons) ist mit einem Gewicht von 45 g und einer Länge von 20 cm die kleinste und bei uns seltenste Seeschwalbe. Sie führt wie die meisten Seevögel eine monogame Saisonehe. Einige Vögel bleiben über viele Jahre verpaart. Die Zwergseeschwalben ernähren sich in den Flachwasserbereichen vor der Küste und auch in langsam fließenden Flüssen. Die Nahrung besteht aus kleinen Fischen, Krebstieren, Muscheln, Schnecken und manchmal auch aus Insekten. Die Zwergseeschwalbe ist in Europa, Asien, Nordamerika, Australien verbreitet. In Europa ist sie an allen südlichen und westlichen Küsten – nördlich bis nach Südskandinavien/ Finnischer Meerbusen zu treffen. In Deutschland gilt die Art in der Roten Liste als vom Aussterben bedroht.

Die Brandgans

Die Brandgans (Tadorna tadorna) ist eine Art aus der Familie der Entenvögel, die zur Unterfamilie der Halbgänse (Tadorninae) gehört. Halbgänse ähneln in ihrem Habitus Gänsen, sie haben jedoch auch Merkmale, die eigentlich für Enten charakteristisch sind. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 4,5 Jahren. Die Brandgans ist in Deutschland vorwiegend Brutvogel im Küstengebiet und auf den Inseln der Nordsee und der westlichen Ostsee anzutreffen.

Die Kegelrobbe

Die Kegelrobbe (Halichoerus grypus) ist neben dem Seehund die zweite an deutschen Küsten verbreitete Robbenart und ist das größte freilebende Raubtier Deutschlands (bis zu 300 kg). Kegelrobben kann man von Seehunden schon anhand ihrer Größe unterscheiden, weil sie doppelt so lang und bis zu dreimal so schwer sind. Kegelrobben können bis zu 140 Meter tief tauchen, ein Tauchgang kann ca. 20 Minuten dauern. Die Ostsee-Kegelrobbe (H. g. balticus) gilt als eigenständige Unterart. Die Lebenserwartung beträgt meist zwanzig Jahre, in seltenen Ausnahmefällen bis zu 46 Jahre. In Deutschland gehört diese Art zur Roten Liste und wird als sehr gefährdet beurteilt. Die Länder Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern stellen sie in ihren Roten Listen als gefährdete Wandertiere dar.

Der Seeadler

Der Seeadler ist ein sehr großer Greifvogel aus der Familie der Habichtartigen aus Mitteleuropa. Seeadler erreichen eine Körperlänge von 74 bis 92 cm und eine Flügelspannweite von 193 bis 244 cm. Der Seeadler ernährt sich vor allem von Fischen und Wasservögeln. Seeadler wurden im Rahmen der allgemein praktizierten Verfolgung aller Greifvögel ab Mitte des 17. Jahrhunderts intensiv verfolgt. Sie wurden bis Anfang des 20. Jahrhunderts in Westeuropa ausgerottet. Bis 1993 galt der Seeadler als „gefährdet“, ab 2005 wurde er auf „nicht gefährdet“ heruntergestuft.

Der Schweinswal

Der Gewöhnliche Schweinswal (Phocoena phocoena) lebt in den seichten, kalten und subarktischen Küstengewässern. Ihn kann man unter anderem im Schwarzen Meer, in Nordwestafrika und dem Osten Nordamerikas, sowie in den amerikanischen und asiatischen Küstengewässern des Nordpazifiks treffen. Der Schweinswal kann bis zu 2 Meter Körperlänge erreichen. Er ernährt sich hauptsächlich von Fischen, manchmal auch von Schnecken, Tintenfischen und Krebstieren. Die Tagesportion eines Schweinwales beträgt ca. 4,5 Kilogramm Fisch. Im Jahr 2005 lag der Bestand in der Nordsee bei ca. 231.000 Tieren. In der östlichen Ostsee sind es weniger als 600 Tiere.

Der Seehund

Der Seehund (Phoca vitulina) ist eine in allen nördlich-gemäßigten Meeren verbreitete Robbe aus der Familie der Hundsrobben. Den Seehund kann man von der Nordsee über den Atlantik und Pazifik bis nach Südjapan treffen. Er ist das bekannteste Wasserraubtier in Nordeuropa. Ein Grund dafür ist, dass er von den Sandbänken aus gut beobachtet werden kann. Seehunde leben außerdem auf Inseln, Felsen und manchmal sogar auf Eis. Die meiste Zeit halten sich die Seehunde in Küstengewässern auf. Dort können sie nach Fischen jagen. Der weltweite Bestand des Seehundes wird von der Weltnaturschutzunion in der Roten Liste gefährdeter Arten als nicht gefährdet bezeichnet. In Deutschland gilt der Seehund in der nationalen Roten Liste als „gefährdet“.

Die Scholle

Die Scholle oder der Goldbutt (Pleuronectes platessa) gehört zur Ordnung der Plattfische und zur Familie der Schollen. Im ersten Frühjahr ihres Lebens halten sich die Schollen im flachen Wasser auf. Sie sind dort einigermaßen von Fressfeinden geschützt und können hier auch Essen finden. Die Scholle geht meistens nachts auf Nahrungssuche. Sie ernährt sich von Kleinkrebsen, Wattwürmern, Muscheln und Schnecken. Der Goldbutt gehört zu den wirtschaftlich wichtigsten Speisefischen. Weltweit werden 100.000 bis 120.000 Tonnen jährlich gefangen. Die Scholle steht in der Roten Liste gefährdeter Arten, wird aber als nicht gefährdet bewertet.

Flora im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer

1.500 Pflanzen- und über 8.000 Tierarten kann man im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer finden. Das heißt, dass ein Fünftel der deutschen Fauna und ein Viertel der deutschen Flora auf den Inseln leben, die mit ca. 100 Quadratkilometern nur 0,03 % der Gesamtfläche Deutschlands ausmachen. Hier kommen solche Pflanzen wie Wollgras, Weiße Seerose, Sandklaffmuschel und viele andere vor.

Die Stranddistel

Die Stranddistel (Eryngium maritimum), auch Meer-Mannstreu genannt, ist eine Pflanzenart aus der Familie der Doldenblütler. Die Stranddistel ist eine zweijährige ausdauernde Dünenpflanze, die Wuchshöhen von 10 bis 40 cm erreicht. Sie hat eine kräftige bis zu zwei Meter tief reichende Pfahlwurzel. Die Pflanze wird vor Verdunstung und zu starker Sonnenbestrahlung durch die bläuliche Wachsschicht geschützt. Das Wachs hält das Wasser in der Pflanze zurück und reflektiert die Sonnenstrahlen. Die extrem harten Blätter sind für die Anpassung an Flugsand gedacht. Sie ist an den Küsten Europas auf nährsalzhaltigen Sandböden der Weißdünen zu finden. Obwohl sie insgesamt verbreitet ist, gilt sie als stark gefährdet, da sie regional verschwunden ist. Die Stranddistel kann man in Deutschland an den Küsten von Nord-Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein finden. Auf der Roten Liste Deutschlands gilt die Stranddistel als „stark gefährdet“.

Der Gewöhnliche Strandflieder

Der Gewöhnliche Strandflieder (Limonium vulgare), auch Halligflieder genannt, ist eine Pflanzenart aus der Familie der Bleiwurzgewächse. Der Gewöhnliche Strandflieder ist eine kennzeichnende Pflanzenart der Salzwiesen. Sein Hauptvorkommen besitzt er in Salzpflanzenfluren. Er kann auch in Spalten im Spritzwasserbereich der Küstenschutzbauten vorkommen. Er bevorzugt salzhaltige, sandige, tonige oder schlickige Böden. In Deutschland ist er nur an den Küsten und den vorgelagerten Inseln der Nord- und Ostseeküste zu treffen. Diese Art wird in der Roten Liste der Gefäßpflanzen Deutschlands als gefährdet eingestuft.

Die Sandklaffmuschel

Die Sandklaffmuschel (Mya arenaria) gehört zu den häufigsten Muscheln des Wattenmeeres und kann bis zu 15 cm groß werden. In Europa wurde sie nur in Notzeiten gegessen, gilt aber in den USA als Delikatesse.

In Europa ist sie heute vom nördlichen Norwegen und Island südwärts bis in die Biscaya verbreitet. Man kann sie an der Ostsee und am Schwarzen Meer finden. Wenn man versucht, zwei passende Schalen zusammenzusetzen, wird man sehen, dass ein Spalt offen bleibt. Die Muschel klafft auseinander, deshalb heißt sie auch Sandklaffmuschel.

Das Wollgras

Wollgräser (Eriophorum; Name: griech. érion – Wolle, phoréein – tragen) sind eine Gattung innerhalb der Familie der Sauergrasgewächse (Cyperaceae). Im Sommer besiedelt das Wollgras das Moor. Die Blüten des Wollgrases sind unscheinbar. Zur Gattung gehören 18 Arten mit zahlreichen Unterarten, die in verschiedenen Ländern vorkommen.

Die Weiße Seerose

Die Weiße Seerose (Nymphaea alba) ist eine Pflanzenart aus der Familie der Seerosengewächse (Nymphaeaceae). Die Weiße Seerose ist eine mehrjährige krautige Wasserpflanze, die in den Sommermonaten auf nährstoffreichen Seen im Nationalpark zu sehen ist. Die Seerose ist eine Pflanze der Schwimmblattzone. Ihre Nährstoffe nimmt sie mit dem Stengel und den Blättern direkt aus dem Wasser auf. Die Weiße Seerose kommt in fast ganz Europa bis östlich zum Ural vor.

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